Gedenktafel für die Homosexuellen Opfer - KZ Sachsenhausen

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Heinrich Wahle

Gedenkbuch Heinrich Wahle

Bild: © Jürgen Wenke, rosa strippe e.V.
Geboren am: 06.11.1897
Geburtsort: Hamme | Bochum
Ermordet am: 17.07.1942
Verlegeort: ⟩ 44793 Bochum, vor dem Eckhaus Westring/Alleestraße 22 (vorm. Humboldtstraße 4)
Initiator: rosa strippe e.V., Bochum
Zum Lebensweg: Heinrich Wahle, geboren am 6. November 1897 in Bochum-Hamme, Volksschullehrer von Beruf, lebte bis 1938 in Bochum. Heinrich hatte mindestens drei ältere Brüder: August Johann Adam Wahle (1891-1947), Christoph Johann Wahle (1893, er wurde nur 10 Wochen alt) und Johann Wahle (1894-1949).

Wann und weshalb gegen Wahle erstmals von der Polizei oder Gestapo ermittelt wurde, ist unbekannt. Ebenso wann genau er in das KZ Sachsenhausen deportiert wurde. Dort erhielt er als "Rosa-Winkel-Häftling" die Häftlingsnummer 39 468.

Heinrich Wahle wurde am 17. Juli 1942 im Alter von 44 Jahren im Außenlager Klinkerwerk ein Opfer
⟩  der Mordaktion an Männer mit dem Rosa-Winkel.


Bild: 🔎 Sterbeurkunde Standesamt Oranienburg,
Todesursache: "Kopfschuß bei Fluchtversuch."


Ausführlicher: ⟩  Wir erinnnern an Heinrich Wahle (pdf)

Seine Neffe Klaus Born: Erst im Jahr 2017 wurde durch Recherchen der Zeitung ⟩ Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) bekannt, dass Heinrich Wahle einen schwulen Neffen Klaus Born hatte. Klaus ist der uneheliche Sohn von des Bochumer Dachdeckermeister August Wahle. Als 9-jähriger Junge wurde Klaus im Bistum Paderborn von einen katholischen Vikar missbraucht.

Am 26. August 1965 trifft sich Klaus auf einem Parkplatz in Berlin-Charlottenburg (damals West-Berlin) zum Sex mit einem Mann. Sie tun es im Auto, wie andere auch. Dieser Ort ist bei Schwulen bekannt. Während die beiden Männer gerade zugange waren, klopfte es von außen an die Scheibe. Vier Taschenlampen leuchteten in das Autoinnere. Polizisten forderten die Männer auf, sich anzuziehen und auszusteigen. Sie wurden vorläufig festgenommen. Wegen Verstoßes gegen Paragraph 175 StGB befand er sich vom 15. September bis zum 25. Oktober 1965 in Berlin-Moabit in der Untersuchungshaft. Auf einer Karteikarte der UHA steht der Vermerk "Gleichgeschl. Neigungen !!!". "Ohne Zeitung, ohne Musik, ohne Besuch. Isolationshaft, wie ein Schwerverbrecher. Einmal am Tag durfte er raus, für zehn Minuten. Beim Rundgang hielten die Mithäftlinge vor und hinter ihm zwei Meter Abstand. Ich hätte ja jemanden anstecken können, sagt er zynisch." Einen Tag nach seinem 21. Geburtstag - dem Beginn der Volljährigkeit in der BRD - wurde er verurteilt und unter Anrechnung der U-Haft anschließend entlassen. Danach war er jahrelang arbeitslos, weil niemand ihn wegen seiner Vorstrafe anstellen wollte.

Erst im April 2018 wurden die Opfer der Strafverfolgung nach § 175 StGB bzw. 151 StGB-DDR, ⟩ Rehabilitiert und Entschädigt". Klaus Born gehörte zu diesen Opfern. Wie sein Onkel, auch seine Haftstrafe war rechtswidrig. Sie waren keine Kriminelle, sie liebten Männer.

Mehr über Klaus Born und Heinrich Wahle in einem Beitrag von ML mona lisa vom 19. November 2016:

⟩  »Fürs Leben gezeichnet: Paragraph 175« MP4 Ausschnitt. [06:38]

Klaus Born mit Partner Wolfgang

Foto: 🔎 Klaus Born und Partner besuchen am 18. September 2022 den Gedenkort Klinkerwerk;
© Lothar Dönitz, Berlin 2022

Autor: Jürgen Wenke (Bochum), Lothar Dönitz, Berlin, ergänzt Mai 2025.
Quellen:
• KZ Sachsenhausen 1936 - 1945: ⟩  Totenbuch
• Emil Büge: 1470 KZ-Geheimnisse - Heimliche Aufzeichnungen aus der Politischen Abteilung des KZ Sachsenhausen Dezember 1939 bis April 1943, Seite 155, Metropol Verlag Berlin, 2010
• Arolsen Archive: Sterbebucheintragungen über verstorbene Häftlinge des Konzentrationslagers Sachsenhausen ⟩  DocID 10010439 15
• Arolsen Archive: Karteikarten vom Amt für die Erfassung von Kriegsopfern, Berlin DocID 23120001