Gedenktafel für die Homosexuellen Opfer - KZ Sachsenhausen

»RosaWinkelGedenkbuch«

Heinrich Georg Orlemann

Gedenkbuch für Heinrich Orlemann Geboren am: 14.02.1909
Geburtsort: Darmstadt
Ermordet am: 11.07.1942
Verlegeort: ⟩  64291 Darmstadt, Messeler Straße 32
Initiator: Volker Jung, Homosexuelle und Kirche (HuK), Regionalgruppe Darmstadt
Zum Lebensweg: Heinrich Georg Orlemann wurde am 14. Februar 1909 in Darmstadt geboren und evangelisch getauft. Sein Vater Heinrich war Bäckermeister und verstarb bereits am 19. November 1909 im Alter von 30 Jahren. Seine Mutter Margarethe (geb. Wannemacher) verstarb wenige Tage vor der Hauptverhandlung gegen Heinrich in Darmstadt 1937.

Am 16.November 1935 wurde Heinrich Orlemann in Frankfurt (a.M.) zum ersten mal wegen seiner Homosexualität zu vier Monaten Gefängnis verurteilt. Der § 175, der mit dem Inkrafttreten des Reichsstrafgesetzbuches seit 1872 bestand und den sexuellen Verkehr zwischen Personen männlichen Geschlechts unter Strafe stellte, war von den Nationalsozialisten ⟩ im Juli 1935 verschärft worden. In der BRD blieb er in der NS-Fassung noch bis 1969 in Geltung. Erst 1994 wurde der § 175 aus dem Strafgesetz gestrichen.

Bereits damals erklärt Heinrich, dass ihm die Folgen für seine Mutter und für seinen Beruf sehr wohl bewusst seien, er jedoch seine Homosexualität nicht verdrängen könne. Wie sehr Heinrich unter dem Freiheitsentzug im Gefängnis litt und wie sehr ihn das Ganze dauerhaft psychisch krank und labil machte, soll ein Zitat aus einem seiner Briefe an seinen Rechtsanwalt Basshuysen vom 06.07.1939 zeigen:

»Ich werde nun bereit sein, alles an Opfern zu bringen, um mir wirklich ein lebenswertes und ersprießliches Leben, wenn auch in bescheidenem Rahmen, aufzubauen. Sollte jedoch meine Gesundheit nicht mehr herzustellen sein, dann werde ich einen Punkt setzen und mit diesem Leben Schluss machen, ... Ehe ich Gnadengaben nehmen muss, scheide ich aus diesem Leben.«

Vom Polizeigefängnis in Siegburg kommend wurde er am 11. Januar 1941 im Gefängnis in Bonn eingeliefert und von dort am 27. März 1941 nach Bielefeld "entlassen". Möglicherweise wurde er zwar aus der Strafhaft "entlassen", aber nicht in die Freiheit, sondern dort in Vorbeugungshaft genommen. Die Vorbeugungshaft wurde auf der Karteikarte vermerkt und auch, dass er als Hilfsgeistlicher in Bethel tätig sei.

Sicher ist wieder, dass er bald darauf in das KZ Sachsenhausen deportiert wurde und dort als "Rosa-Winkel-Häftling"die Nr. 37.857 erhielt. Am 20. Oktober 1941 wurde er in das Krankenrevier eingeliefert.

Heinrich Orlemann wurde am 11. Juli 1942 im Alter von 33 Jahren im Außenlager Klinkerwerk ein Opfer
⟩  der Mordaktion an Männer mit dem Rosa-Winkel.


Bild: 🔎 Sterbeurkunde Standesamt Oranienburg,
Todesursache: "Schußverletzungsfolgen bei Fluchtversuch"
Ausführlicher: ⟩  Dokumentation Heinrich Orlemann zur Stolpersteinverlegung am 16.10.2015 (pdf)
Verf. Markus Jöckel, Homosexuelle und Kirche, Regionalgruppe Darmstadt
Autor: Rainer Hoffschildt, Hannover, Markus Jöckel. Ergänzt, überarbeitet Lothar dönitz, Berlin, 2025.
Quellen:
• KZ Sachsenhausen 1936 - 1945: ⟩  Internet-Totenbuch
• Arolsen Archives, Sterbebucheintragungen über verstorbene Häftlinge des Konzentrationslagers Sachsenhausen ⟩  DocID 4125039
• Müller, Joachim, Unnatürliche Todesfälle, in: Müller, Joachim, Sternweiler, Andreas, Homosexuelle Männer im KZ Sachsenhausen, Berlin 2000, S. 216 ff.
• Büge, Emil: Massenmord auf dem Klinker in: 1470 KZ-Geheimnisse, Heimliche Aufzeichnungen aus der Politischen Abteilung des KZ Sachsenhausen Dezember 1939 bis April 1943, Seite 149 ff., Metropol Verlag Berlin, 2010
• Hessisches Archiv-Dokumentations- und Informations-System (HADIS), Hessisches Staatsarchiv Darmstadt, Staatsanwaltschaft beim Landgericht Darmstadt, G 27 Darmstadt Nr. 3065, KLs 55/37, Interneteintrag zu Orlemann, allerdings ohne Geburtsdatum.