Gedenktafel für die Homosexuellen Opfer - KZ Sachsenhausen

»RosaWinkelGedenkbuch«

Gedenken an die Opfergruppe "Häftlinge mit dem rosa Winkel"

Erster Teil die ersten Jahre bis 1985 — Kein Gedenken an diese Opfergruppe

⟩ Zweiter Teil die Jahre ab 1988

21. Mai 1983 - Nationale Mahn- und Gedenkstätte Sachsenhausen (DDR)

Die KZ-Gedenkstätten in der DDR und in der Bundesrepublik weigerten sich, der Opfergruppe der Rosa-Winkel-Häftlinge (der Homosexuellen) zu Gedenken und wenigstens eine Gedenktafel zu widmen.

Ausschnitt aus BStU-Akte Eine Berliner Gruppe von Schwulen & Lesben um den schwulen Aktivisten ⟩  Christian Pulz (∗ 14.12.1944 † 15.04.2021) hat die Nationale Mahn- und Gedenkstätte Sachsenhausen besucht. Dies wurde wurde von der Kreisdienststelle Oranienburg des MfS beobachtet:

»... die feststellung der personalien ergab, dass alle personen ddr-buerger sind... 13 Personen (7 männliche, 5 weibliche und 1 Kind) ... diese Personengruppe ... betrat gegen 13.00 Uhr die Nationale Mahn- und Gedenkstätte Sachsenhausen. Sehr interessiert und tiefgründig informierten sie sich über die einzelnen Ausstellungsbereiche ... und legten gegen 15.45 Uhr am "Galgen" ein Blumengebinde (ohne Aufschrift) nieder. ... folgende Eintragung im Gästebuch vorgenommen: "Wir gedachten heute der im KZ Sachsenhausen ermordeten homosexuellen Häftlinge. Wir waren sehr betroffen, hier nichts über ihr Schicksal zu erfahren".«

Danach waren im Zusammenwirken des Ministerium für Staatssicherheit der DDR (MfS) mit ⟩  Otto Funke, Vorsitzender der Zentralleitung des ⟩  Komitees der antifaschistischen Widerstandskämpfer der DDR, bis 1987 solches Gedenken in der DDR verboten.

 

 

 

 

 

🔎 Foto: Ausschnitt aus dem Dokument; Quelle: ⟩  BStU, MfS, BV Potsdam, KD Oranienburg, Nr. 12398

 


1985 - KZ Gedenkstätte Dachau (BRD)

Gedenktafel für homosexuelle KZ Dachau

Totgeschlagen - Totgeschwiegen

lautet der Text auf der Gedenktafel für die Rosa-Winkel-Häftlinge.

Es war der Wunsch der Münchner Schwulengruppen, dass diese Tafel aus rosa Marmor 1985 im Museum der KZ-Gedenkstätte Dachau aufgestellt werden würde, um wenigstens einen Hinweis auf die Homosexuellenverfolgung zu geben. Es folgte jedoch ein zehn Jahre dauernder Kampf gegen alte Vorurteile, die unter den Überlebenden des KZ, aber auch unter den Politikern noch lange lebendig waren.

Die erste für die KZ-Gedenkstätte Dachau erstellte ⟩  Gedenktafel an homosexuelle NS-Opfer.

Schon lange zuvor hatte der Bürgermeister Dachaus, Hans Zauner (CSU) 1960 gesagt:

Bitte machen Sie nicht den Fehler und glauben Sie, dass nur Helden in Dachau gestorben sind (. . . ). Sie müssen sich daran erinnern, dass viele Verbrecher und Homosexuelle in Dachau waren. Wollen Sie ein Ehrenmal für solche Leute?“

Quelle: ⟩  2mecs KZ Gedenkstätten Dachau.


27. Juni 1985 - Der Westberliner Schwulenaktivist ⟩  Detlef Mücke erinnert sich ...

Einladung des Westberliner TBS

... an eine Kranzniederlegung in der Nationalen Mahn- und Gedenkstätte Sachsenhausen (DDR). Anlässlich des 40. Jahrestags der Befreiung vom Faschismus sollte im Rahmen des quot;Christopher Street Dayquot; (CSD) an die ehemaligen Rosa-Winkel-Häftlinge erinnert werden. Aus diesem Grunde hat das »Kommunikations- und Beratungszentrum homosexueller Frauen und Männer e.V. in Berlin (West)« zu einer Kranzniederlegung in der Nationalen Mahn- und Gedenkstätte Sachsenhausen (NMuG - DDR, Oranienburg) eingeladen.

Die Teilnehmer aus Westberlin mussten selbst einen quot;Antrag auf Einreise in die DDRquot; in einem "Büro für Besuchs- und Reiseangelegenheiten" stellen. Auf dem Programm standen eine angemeldete Führung durch die NMuG, eine Kranzniederlegung für die Rosa-Winkel-Häftlinge, der Dokumentarfilm „Todeslager Sachsenhausen“, eine Rede von Joachim Müller

⟩  "Zur Situation der Homosexuellen in den Konzentrationslagern"

und eine Eintragung in das Besucherbuch.

Bild oben: 🔎 27. Juni 1985 Gedenken des Westberliner TBS.
Quelle: Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen, Dauerausstellung im Neuen Museum.

Bild links: 🔎 Antrag Auf Sonderurlaub und Einladung, Archiv Detlef Mücke

Die Schwulenaktivisten aus Westberlin wurden durch einen Mitarbeiter der NMuG geführt und begleitet: »Herr Meister war ein dem Thema aufgeschlossener und gesprächsbereiter Begleiter«. Das sehr ansprechende, geschmackvolle Gebinde, das durch die pädagogische Abteilung besorgt worden war, welches eine Schleife trug, die auf der ‚Absenderseite‘ unbedruckt war, hat allerdings zu einem Mißklang geführt.“ Dazu noch einmal Detlef Mücke: »Die rote Schleife mit der Aufschrift „DIE OPFER MAHNEN UNS / TREFFEN DER BERLINER SCHWULENGRUPPEN“ hatte ich in einem Blumenladen in West-Berlin anfertigen lassen und in meiner Unterhose über den Grenzübergang Bahnhof Friedrichstraße in die DDR „rüber geschmuggelt“, da uns bewusst war, dass eine derartige Schleife nicht in Ost-Berlin gefertigt werden konnte. Diese Schleife haben wir zusätzlich an das Gebinde befestigt, aber sie wurde noch in unserer Anwesenheit entfernt«.

Das Gedenken am 27.06.1985 wurde vom Staatssicherheitsdienst der DDR (MfS) beobachtet und behindert. Der Schwulenaktivist Detlef Mücke, Frau Elisabeth Bürger (ehem. Mitarbeiterin der NMuG Sachsenhausen (DDR) sowie Lothar Dönitz (Gesprächskreis Homosexualität der Ev. Advent-Kirche Bln.-Prenzlauer Berg) am 23.01.2018 im Gespräch über die Kranzniederlegung des Treffen (West-) Berliner Schwulengruppen (TBS):

YouTube: ⟩  https://youtu.be/IjrbKIP8l-c [0:17:14]

Das Interview wurde von Manuela Kirchhoff in der Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen aufgezeichnet.


→ Fortsetzung zweiter Teil