Der Gesprächskreis Homosexualität

der Ev. Advent-Kirche Berlin-Prenzlauer Berg
war Initiator der Gedenktafel für die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus.

Totgeschlagen - Totgeschwiegen -
den homosexuellen Opfern
des Nationalsozialismus

Gedenktafel für die Homosexuellen Opfer - KZ Sachsenhausen

Gedenkbuch

für die bisher namentlich bekannten ermordeten Homosexuellen des KZ Sachsenhausen & des Männerlagers im KZ Ravensbrück

Gerhard Paul Laible, gen. Amundsen

Stolperstein Gerhard Laibl Geboren am: 06.09.1884
Geburtsort: Dresden
Ermordet am: 25.03.1942
Verlegeort: ⟩ 10627 Berlin, Krumme Straße 34
Initiator: Initiative Stolpersteine Charlottenburg-Wilmersdorf
Zum Lebensweg: Gerhard Laible, Pseudonym Gerhard Amundsen war u.a. Schriftsteller, Publizist und Schauspieler. Wegen seiner Homosexualität wurde er verfolgt, inhaftiert und starb 1942 im Gefängnis.

Paul Gerhard Laible wurde am 6. September 1884 in Dresden-Briesnitz geboren. Sein Vater Wilhelm Laible war seit 1881 Diakon und Pastor an der Briesnitzer Kirche. Die Mutter war Wilhelmine geb. Amundsen. Gerhard hatte einen ein Jahr älteren Bruder, Friedrich, und eine Schwester, Marie. Möglicherweise war Johannes Laible, geboren 1882 ein weiterer Bruder Gerhards. 1894 starb die Mutter.

Gerhard ging bis zum 10. Lebensjahr auf die Briesnitzer Dorfschule, anschließend auf das Wettiner Gymnasium in Dresden, auf das auch seine Brüder gingen. Nach bestandenem Abitur studierte er Gartenarchitektur in Dresden und Leipzig und arbeitete mehrere Jahre in diesem Beruf, er war u.a. am Bau der Grunewaldrennbahn beteiligt. Von 1910 bis 1914 betätigte er sich als Innenarchitekt und Schriftsteller in München.

Gerhard ging 1916 nach Berlin, und arbeitete dort zunächst als Innenarchitekt für Film und Bühne, und als Schauspieler. Ab 1925 machte er eine Ausbildung als Opernregisseur. Als solcher fand er an verschiedenen deutschen Theatern Beschäftigung. Ab 1930 arbeitete er als freier Schriftsteller und weiterhin als Schauspieler. Sein Pseudonym Amundsen war der Mädchenname seiner Mutter. Er wirkte unter anderem in den Filmen
⟩  "Wundersam ist das Märchen der Liebe" (1918) und "Die Flucht ins Paradies" (1924) mit.
In den 30er Jahren und vielleicht auch früher wohnte er zur Untermiete in Berlin-Charlottenburg bei Else Badin am ⟩ Savignyplatz 8.

Seine Homosexualität brachte ihn früh mit der Justiz in Konflikt. Schon 20jährig wurde er in München deshalb zu 1 1/2 Jahren Gefängnis verurteilt. Unter den Nationalsozialisten wurde ihm seine Veranlagung erst recht zum Verhängnis. Mehrmals wurde er angezeigt, es konnte ihm aber zunächst keine strafbare Handlung nachgewiesen werden. Er wurde aber dann doch im Januar 1936 verhaftet und schließlich zu 3 Jahren Haft verurteilt, 1 1/2 Jahre wegen §175 und 1 1/2 aufgrund des ⟩  "berüchtigten Heimtückegesetzes", vom 20. Dezember 1934, da ihm unterstellt wurde, er habe anzügliche Witze und Andeutungen über Hitler und Goebbels gemacht. Die Strafe verbüßte er im ⟩ Gefängnis Hoheneck bei Stollberg. Ursprünglich Königlich-Sächsische Landesanstalt (1862-1866). Die ersten Häftlinge waren Frauen, 1886 wurden die inhaftierten Frauen nach Waldheim verlegt und es wurde als Strafgefängnis für Männer genutzt. Im Januar 1939 wurde er dort entlassen und wohnte zunächst in der Charlottenburger ⟩ Sesenheimer Straße bei Kegelberg, später zur Untermiete bei Kübrich in der Krummen Straße 34. Als Folge der Verurteilung wurde er aus der Reichsfilmkammer ausgeschlossen, was einem Berufsverbot gleichkam.

Schon ein halbes Jahr später wurden – aufgrund einer Anzeige seiner Schwester Marie – wieder Ermittlungen gegen ihn aufgenommen, im Januar 1940 verhaftete man ihn nochmals, obwohl auch diesmal nur Verdachtsmomente gegen ihn bestanden. »Da … es aber verantwortungslos erscheint ihn weiterhin in Freiheit zu belassen, da er sein Treiben bestimmt fortsetzen würde« - so ein Kriminaloberassessor - wurde er dem Haftrichter vorgeführt. Er kam erst in Untersuchungshaft in die ⟩  Haftanstalt Lehrter Straße in Moabit. Wegen "widernatürlicher Unzucht" wurde Laible wurde offenbar am 17.3.1941 vom Sondergericht beim Landgericht Berlin zu 3 Jahren Gefängnis verurteilt, wieder zur Hälfte wegen "Heimtücke", und am 17. März 1941 in das ⟩ Strafgefängnis Plötzensee überstellt.


Bild: 🔎 Gefangenenkartei Strafgefängnis Berlin-Plötzensee
Das Jahr Untersuchungshaft wurde ihm angerechnet und sein voraussichtliches Entlassungsdatum auf den 17. März 1943 festgelegt. Aber diesen Tag erlebte Gerhard Laible nicht mehr, er starb in Plötzensee am 25. März 1942, ein Jahr nach seiner Einlieferung. Offizielle Todesursache: "Lungenentzündung, Herzschwäche", eine Standardformel für in der Haft Verstorbene.


Bild: 🔎 Sterbeurkunde Standesamt Berlin-Charlottenburg, als Todesursache "Lungenentzündung, Herzschwäche" vermerkt.
Autorin: Micaela Haas, Stolpersteininitiative Charlottenburg-Wilmersdorf; ergänzt: Lothar Dönitz, Berlin, 2025

Quellen:
•  Gefangenenkarteikarten des Strafgefängnisses Plötzensee
• Stolpersteine in Berlin
• Ahnenforschungsportal ⟩  Ancestry.com, Gerhard Paul Laible, Berlin, Deutschland, Sterberegister 1874-1955